The Great American Eclipse

Die Nacht im Motel ist einigermaßen laut, und um 07:00 Uhr sind wir weg und unterwegs zum Frühstück.

Das großzügige Continental Breakfast im Motel lassen wir sausen, Bagel aus der schmuddeligen Mikrowelle sind dann doch nicht so angenehm.

Starbucks in North Platte macht das Geschäft seines Lebens. Die Hütte ist gerammelt voll, jeder versucht noch irgendwo Strom für sein Phone zu zapfen.

Wir plaudern mit einem jungen Mann, der aus New Mexiko kommt und eigentlich nur seine Schwester in Denver besuchen wollte, dann aber doch beschlossen hat -weil es so nah dran ist- die Sonnenfinsternis anzusehen.

Er erzählt, daß er den Abend zuvor irgendwo in der Gegend mit irgendwelchen Locals verbracht hat. Sie hätten ihn zum Barbecue eingeladen, das wurde dann auf einem völlig versotteten Rost über einem halbierten Ölfass zubereitet.

Zum Anfeuern kam wohl alles ins Faß, was gerade da war: Palettenholz, Müll, Plastik...

Da kann man was erleben in Nebraska.

Wir saugen ein paar Satellitenbilder aus Starbuck´s WiFi un suchen einen abgelegenen Platz in den Sand Hills nördlich von North Platte, einer nahezu unbesiedelten Hügellandschaft.

Nach einigem Suchen finden wir einen vielversprechenden Ort: Ein paar Bäume, rundum freies Feld, an einer Nebenstrasse etwa zwei Kilometer vom Highway entfernt.

Inzwischen ist es gut 9:00 Uhr, bleiben noch kleine vier Stunden bis zum Höhepunkt der Sonnenfinsternis.
Wir setzen uns langsam in Bewegung, den Highway aus der Stadt heraus nach Norden unter den Rädern. Nach einer halben Stunde ist unsere ausgesuchte Abzweigung erreicht. Sieht gut aus. Halb Dirtroad, halb Asphaltreste mit tiefen Löchern, perfekt.


Schnell haben wir die anvisierte Baumgruppe erreicht, ein kleiner Cottowood-Hain. Wir parken an der Seite, klappen das Dach auf und holen unsere Stühle heraus.


Am Bus ist immer etwas aufzuräumen, manche Sachen sind noch etwas feucht aus Des Moines, das passt sich gut.

Nach etwa einer Stunde fährt ein Local mit einem alten Pickup vorbei, wir winken freundlich.

Nach ein paar Drohnentestflügen kommt ein weiterer Pickup die Strasse hoch schneeweiß, neuestes Modell. Auf dem Fahrersitz ein älterer Herr, nebendran seine Ehefrau. Sie halten bei uns an, wir sprechen kurz, ja, die Sonnenfinsternis, sie suchen einen schönen Platz, das ist ja toll hier, na, wir schauen mal, was wir noch so finden. 


Jou. Sie fahren weiter, und dan nimmt das Unheil seinen Lauf: Der Farmer kommt zurück. Nun stehen also beide Pickups nebeneinander auf der Strasse, 10 Meter vor unserem Van.


Man unterhält sich. Da ich nicht unhöflich sein möchte, stelle ich mich dazu. Don, der Farmer ("Nice to meet you, Don") und Warren, der Pickup-Pilot ("Nice to meet you, Warren") nebst Ehefrau Cynthia stellen schnell fest, daß sie gemeinsame Bekannte haben. Dabei kommen Warren und Cynthia aus Kansas City, nur kleine knapp 700 Kilometer entfernt!

So plaudert es sich locker dahin, Don ist anscheinend der Heinz Erhardt von North Platte. Ein Witz an den anderen gereiht, noch ne Anekdote, manches ist richtig lustig. Wenn Don nur nicht so entsetzlich schmutzige Zähne hätte...

Nach einer guten Stunde muß Don dann los, sorry, Leute, good to talk to you, weiß gar nicht, was dieses Gewese soll, hier wird es schließlich jeden Abend dunkel, so what.

Warren und Cynthia haben sich hier festgesetzt. Warren steigt aus, erklärt mit, wie toll man früher die Weidezäune gebaut hat, zeigt mir Bilder von den wundervollen Sonnenblumenskulpturen, die er aus alten Wagenrädern baut, derweil Cynthia die Klappstühle vom Pickup räumt...

Unser schöner Platz.

Warren labert mich weiter voll, Claudia rollt mit den Augen und fängt an, einzuräumen.

Was, ihr wollt nicht hierbleiben??? Nee, lass ma, wir wollten hier eh nur unsere Sachen trocknen....

Wir rücken ab, Warren hat uns den besten Platz in den Sand Hills abgelabert.

Google Maps hilft. Schnell ist ein neuer Platz gefunden. N
icht so schön wie der alte, aber immerhin einsam.

Durch die Suche nach einem neuen Spot ist doch etwas Zeit vergangen, die partielle Verfinsterung setzt bald ein.

Doch ein wenig müssen wir noch warten.

Dann ist es so weit: SoFi-Brillen raus!

Der Ablauf der Sonnenfinsternis zieht sich etwa über 90 Minuten, beginne
nd von den ersten sichtbaren Teilen des Mondes bis zur völligen Bedeckung.

Im Abstand von einigen Minuten schauen wir durch unsere Brillen und bestaunen die fortschreitende Bedeckung der Sonne durch den Mond.

Bei etwa 3/4 Bedeckung wird es allmählich etwas kühler, das Licht verändert sich.

Trotzdem wird es erst merklich dunkler, als geschätzt 95% der Sonne bedeckt sind.

Die Totale Finsternis ist unbeschreiblich. Die Korona strahlt bald-violett, man kann mit bloßem Äugende Protuberanzen erkennen, die über den Sonnenrand hinausschießen. Strahlende Ringe umgeben die Sonne, man kann gar nicht den Blick davon wenden.

Leider dauert das Ganze nur zweieinhalb Minuten, dann wird es wieder heller, die Sterne verschwinden wieder, und das Dämmerlicht wird wieder zum normalen Tageslicht.

Ein unglaubliches Erlebnis. Wir hatten 1999 die Sonnenfinsternis in Deutschland zusammen gesehen, aber diese war irgendwie viel schöner und eindrucksvoller.

Nach Ende der Finsternis fahren wir wieder zurück nach North Platte, das heute wahrscheinlich den einzigen Stau in seiner ganzen Geschichte erlebt.

400.000 Menschen waren sicher nicht hier, aber ein paar tausend werden es schon gewesen sein, die jetzt wieder auf den Interstate zurückströmen.

Wir beziehen erst mal unseren klimatisierten Stützpunkt bei Starbucks und beraten, was wir jetzt weiter tun wollen.

Ursprünglich sah der Plan vor, weiter zu Badlands National Park zu fahren. Da aber die Außentemperatur schon hier in North Platte bei 37°C liegt, und es in den Dakotas noch heißer ist, ändern wir den Plan.


Überall um uns herum ist es super heiß. Einzige Möglichkeit: Wir müssen in die Berge.

Die nächsten Berge sind die Rocky Mountains, nur etwa 500 Kilometer von hier. Die Wettervorhersage spricht von 23°C, also los.

Und wieder auf die I80 West, weiter nach Westen.

Die Fahrt zieht sich, wir müssen an Denver und an Boulder CO vorbei, in die Rockies hinein. 469 Kilometer stehen am Ende des Tages auf der Uhr, als wir müde und erhitzt in Estes Park, CO einlaufen.






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Links

Gefahrene Strecke

Song zum Tag

Pfad der Sonnenfinsternis






Kommentare

  1. Super Bild von der Sonnenfinsternis und von Lettie mit Brille echt cool.:)

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